Marienstatt.
Warum der Marienstatter Wallfahrtstag eine Woche nach Fronleichnam das Attribut „großer“ trägt, wurde am Donnerstag deutlich: Rund 5000 Pilger aus den Bistümern Limburg, Trier, Köln und erstmals auch Mainz hatten sich zum Teil bereits vor Sonnenaufgang auf den Weg gemacht, um bei diesem Fest des Glaubens dabei sein zu können. Vor allem aus dem Kreis Altenkirchen hatten erneut zahlreiche Menschen – junge wie alte, Gesunde wie Gebrechliche – dazu sogar einen weiten Fußmarsch auf sich genommen, ehe sie in Begleitung verschiedener Musikkapellen sowie Banner- und Fahnenträger ins Kloster einzogen.
Hauptzelebrant auf dem frisch sanierten Abteihof war erstmals der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki, der zusätzlich als Pilger-Magnet wirkte und der bei seiner Ankunft von vielen mit Smartphones fotografiert wurde.
Von der stimmungsvollen und fröhlichen Atmosphäre rund um das Kloster ließ sich auch der Kardinal anstecken, der einigen Marienstätter Mönchen bereits aus gemeinsamen Studienzeiten bekannt ist und die Abtei schon mehrfach besucht hat. Das Hochamt unter freiem Himmel, das traditionell von der Bindweider Bergkapelle begleitet wurde, habe ihn in seinem Glauben gestärkt, sagte der Erzbischof zum Abschluss der Messe begeistert. „Ich hoffe, dass dies auch für sie, liebe Pilger, gilt.“
Die Marienstatter Mönche hatten für ihren Ehrengast ein besonderes Geschenk vorbereitet: eine Kerze mit einem Bild der schmerzhaften Muttergottes Marienstatts. Diese, so der Wunsch von Abt Andreas Range, möge der Kardinal im Kölner Dom entzünden und dabei für die Anliegen der Menschen aus unserer Region beten, insbesondere auch für den immer kleiner werdenden Marienstatter Konvent. Glücklich war der Abt beim Anblick der großen Pilgerschar: „Was ich hier sehe, ist ein erfreulich buntes Bild von Kirche.“ Lob gab's auch für Woelki: Als die Marienstätter den Kardinal vor rund einem Jahr für den Termin angefragt hätten, habe dieser sofort zugesagt.
Während der Messe erklärte Woelki, eine Wallfahrt sei ein Abbild für das ganze Leben. Dabei steuerten die Christen aber nicht nichts entgegen, sondern sie seien von Gott erwartet. Schon jetzt, im irdischen Leben, schenke uns Gott seine Gegenwart. Zeugnis dafür sei die Eucharistie, die der Kardinal zum zentralen Gegenstand seiner Predigt machte. „Mit jeder Messe tun wir das, was Jesus beim letzten Abendmahl getan hat.“ In der Eucharistie werde Jesus leibhaftig. Die Christen müssten ihrerseits Opfergaben für Gott und ein Segen für ihre Mitmenschen sein. Dass Eucharistie und lebendiger Glaube selbst in Gefangenschaft und größter Not möglich sind, verdeutlichte Woelki am Beispiel eines vietnamesischen Kardinals, dessen Lebensgeschichte ihm sehr imponiere.
Beeindruckt war der Erzbischof ebenso von der kräftig singenden und betenden Pilgerschar, die sich nach dem Hochamt noch längst nicht auf den Heimweg machte. Denn auch das Gemeinschaftserlebnis beim Eintopfessen, Picknicken und Plaudern auf den Wiesen gehört dazu und verleiht diesem Volksfestcharakter.
RZ Kreis Altenkirchen vom 12. Juni 2015, Nadja Hoffmann-Heidrich